Vier Jahre hat es von der ersten Idee bis zum Einzug gedauert. Mit viel Mut, Ausdauer, Zielstrebigkeit aber auch Risikobereitschaft und Offenheit von Seiten aller Beteiligten konnte der Traum von „Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost“ wahr werden. Zum Jahreswechsel 2009/2010 zogen etwa 90 Menschen in das erste gemeinschaftlich orientierte Mietwohnprojekt dieser Dimension in Thüringen ein. Am 8. Mai 2010 wurde zum ersten mal gemeinsam in den neuen Räumlichkeiten gefeiert und so die großzügige Terrasse und der Garten zünftig eingeweiht.
Durch Umbau und Modernisierung zweier, leer stehender Wohnblöcke aus den 60er-Jahren entstanden mitten in Arnstadt-Ost 48 barrierefreie und 3 behindertengerechte Wohnungen mit Balkon oder Terrasse. Jung und Alt, Singles und Familien wohnen hier selbstbestimmt in guter Nachbarschaft bei gleichzeitiger Wahrung ihrer Selbständigkeit zusammen. Heute (Stand 3/2012) sind es 84 Menschen im Alter von 2 – 92 Jahren. Die Erschließung erfolgt über jeweils einen zentralen Aufzug und Laubengänge, die gleichzeitig zur täglichen Begegnung mit den Nachbarn einladen. Es entstanden 1,5-, 2- und 3-Raum-Wohnungen mit Flächen zwischen 40 und 75 m2 und unterschiedlichen Grundrissen sowie zwei größere Familienwohnungen.
Zudem stehen Gemeinschaftsräume, eine große Terrasse und die Freifläche zwischen den beiden Häusern zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung. In die kleine Gewerbeeinheit ist ein privater Pflegedienstleister mit seinem Stützpunkt eingezogen.
Die Gemeinschaftsräume (115 m²) werden von den Mietern selbst verwaltet und bewirtschaftet. Miete und Betriebskosten dafür werden auf die 51 Haushalte umgelegt (ca. 16,- €/Monat/Mietpartei). In den Räumen können sich die Bewohner treffen, gemeinsamen Hobbys nachgehen oder Familienfeiern veranstalten.
Doch auch die Nachbarschaft wird von gemeinsamen Aktivitäten profitieren, was zur Belebung und Stabilisierung des gesamten Wohngebietes beitragen kann. Die Ideensammlung ist lang und reicht vom Gymnastikkurs über selbst organisierte Diavorträge bis zur Hausaufgabenhilfe.
Hervorgegangen aus einer privaten Initiative von einer kleinen Gruppe Arnstädter Seniorinnen waren junge Menschen und Familien von Anfang an herzlich willkommen. „Gemeinsam statt einsam“ versteht sich auf keinen Fall als „Seniorenwohnprojekt“ sondern strebt das Zusammenleben in generationenübergreifender Gemeinschaft an.
Auch wenn im Projekt Familien mit Kindern derzeit noch in der Minderheit sind, soll die Idee des Generationen verbindenden Ansatzes in- und außerhalb des Wohnprojektes mit Leben erfüllt werden. Deshalb wurden bereits vor dem Einzug Kooperationen im Wohngebiet angestrebt. So entstanden Kontakte und konkrete Ideen für gemeinsame Aktivitäten u.a. mit dem Gymnasium und der integrativen Kindertagesstätte. Auf diesem Wege können sich zukünftig interessante generationenübergreifende Begegnungen über das Wohnprojekt hinaus, entwickeln.
In neun Interessentenwerkstätten, mehreren Wohnprojekt-Stammtischen, einer Exkursion aber auch in Arbeitsgruppen und zahlreichen Gesprächen wurden die Mietinteressenten intensiv in die Sanierungs- und Umbauplanung der Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Arnstadt mbH (Eigentümer und Vermieter) eingebunden.
So wurden Ideen, Wünsche und Vorstellungen gemeinsam entwickelt. Zahlreiche Vorschläge für die Gestaltung der beiden Gebäude und den umgebenden Freiraum flossen direkt in die Planung ein. Neben den Wohnungsgrößen und Grundrissen standen die gemeinschaftlich nutzbaren Flächen im Mittelpunkt der Beteiligung.
Über die Organisation, Verwaltung und Nutzung der Gemeinschaftsflächen kann die Gemeinschaft selbst bestimmen. In einem Kooperationsvertrag mit dem Vermieter Wohnungsbaugesellschaft Arnstadt mbH hat sich die Mietergemeinschaft das Mitspracherecht bei der Auswahl von Nachmietern gesichert.
Dieses Mehr an Beteiligung bedeutet für jeden einzelnen auch, ein Stück Verantwortung zu übernehmen. Für die Mietergemeinschaft von „Gemeinsam statt einsam“ sind das eine ganz neue Erfahrung und Herausforderung zugleich.
Mit Idee und Ziele des Wohnprojektes und dem Statut der Mietergemeinschaft hat die zukünftige Hausgemeinschaft ihre Vorstellungen über das Miteinander im Wohnprojekt schon im September 2008 zu Papier gebracht.
Um die Selbstverwaltung noch besser organisieren und absichern zu können, wurde im Frühjahr 2011 der Verein Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost e.V. gegründet. Der Verein verfolgt gemeinnützige Zwecke und engagiert sich dafür, die Ideen und Ziele des Wohnprojektes mit Leben zu erfüllen und in das Wohngebiet hinein zutragen. Der Verein hat die Aufgabe übernommen, im Auftrag der Mieterschaft die Gemeinschaftsräume zu bewirtschaften und die Mittel der Mietergemeinschaft zu verwalten.
Nach drei Jahren lässt sich mit Fug und Recht sagen: Die Mietergemeinschaft „Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost“ hat den ersten “Praxistest” sehr gut bestanden. Natürlich musste schon die eine oder andere Hürde des Alltags überwunden werden. Über 80 Menschen in 51 Wohnungen unter einen Hut zu bringen, ist fast unmöglich. Aber mit so vielen Menschen kommen auch viele Interessen, Talente und Mentalitäten zusammen. Eine gute Voraussetzung, dass jeder Einzelne im Rahmen seiner persönlichen Möglichkeiten einen kleinen Beitrag zum Gelingen der Gemeinschaft leistet, ist die Voraussetzung für das von allen gewünschte gute Mit- und Füreinander im Zusammenleben.
Anfangs brauchte es auch noch etwas Phantasie und Mut, um die Möglichkeiten, die das Projekt und insbesondere der Gemeinschaftsraum eröffnen, wirklich zu nutzen. Mittlerweile haben sich neben einer intensiven Nutzung des Gemeinschaftsraumes für Familienfeiern, bereits die ersten festen Termine etabliert. Jeden Mittwoch ist Spielenachmittag. Einmal monatlich arbeiten Menschen mit Behinderungen vom Selbstbestimmt Leben e.V. mit Ton. Am ersten Montag im Monat trifft sich der Vereinsvorstand. Seit 2012 sind die Bewohner des Wohnprojektes und alle Nachbarn im Ostviertel in der Reihe NACHBARSCHAFTSCAFÉ einmal monatlich zu Vorträgen, Lesungen, Erzählcafés oder kleinen Ausflügen zu eingeladen. Das Terrassenfest und ein herbstliches Weinfest sind dabei zu jährlichen Traditionen zu werden.
Schon 2011 nutzte die Mietergemeinschaft die Projektaktivitäten der Stadt Arnstadt im Rahmen des Sondergutachtens „Barrierefreie Stadtquartiere – Lebendige Mitte Arnstadt-Ost“, um sich im Wohngebiet bekannt zu machen. Dabei wurden sich nicht nur eine Menge guter Ideen entwickelt. Viele neue Kontakte entstanden mit Vertretern der Stadtverwaltung, Gewerbetreibenden, Einrichtungen und Vereinen vor Ort. Man lernte sich kennen, Vertrauen wuchs – eine wichtige Basis für weitere Zusammenarbeit.
In Federführung durch den Verein Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost e.V. soll daran angeknüpft werden. Für 2012 – 2014 haben sich alle viel vorgenommen. Mit unterschiedlichsten Veranstaltungen und Aktivitäten wird die Nachbarschaft weiter gestärkt und eine organisierte Nachbarschaftshilfe Arnstadt aufgebaut.
2005 Gründung der Initiative
2006 erste Ideen und Öffentlichkeitsarbeit
2007 Beginn der Planung
Januar 2009 Beginn der Umbau- und Sanierungsarbeiten
Nov./Dez. 2009 Fertigstellung und Einzug
Gebäudeart: Altbau, zwei 60-er Jahre Blöcke
Gebäudetyp: Mehrfamilienhäuser
Gesamte Wohnfläche: ca. 3.200m²
Fläche der Gemeinschaftsräume: ca. 115m²
Standard: weitgehend barrierefrei, Erschließung über zentralen Aufzug und Laubengänge
Investition der WBG Arnstadt mbH
Förderungen:
Finanzierung der Gemeinschaftsflächen: Umlage auf alle Wohneinheiten.
vertreten durch den Verein Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost e.V.
Anprechpartner: Siegfried Kollatz (Vereinsvorsitzender)
Rudolstädter Straße 25, 09310 Arnstadt
Tel.: 03628-43 952
Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Arnstadt mbH
Vor dem Riedtor 4, 99310 Arnstadt
www.wbg-arnstadt.de
info@wbg.arnstadt.de
Tel: 03628-9305-0
Kommunalbau Thüringen GmbH
www.kommunalbau-thueringen.de
StadtStrategen. Bürogemeinschaft für integrative Stadtentwicklung, Weimar
www.stadtstrategen.de
IG Stadtökologie/Lokale Agenda 21 Arnstadt
WohnStrategen. Regionalstelle Thüringen der Bundesvereinigung Forum gemeinschaftliches Wohnen e.V.+
Stadt Arnstadt, Abt. Stadtplanung
u.a.
Förderprogramm: Ein Modellvorhaben im Rahmen des ExWoSt-Forschungsfeldes Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere – Barrierefreie Stadtquartiere des BMVBS/BBSR
Projektträger: Stadt Arnstadt, Abt. Stadtplanung
Projektkonzeption und -durchführung: StadtStrategen
Link http://www.stadtstrategen.de/referenzen_02.html
Projektlaufzeit: September 2010 bis Ende März 2011
Unter aktiver Beteiligung der Bewohner, der Wohnungsunternehmen, Dienstleister, Einrichtungen und Vereine entwickelte die Stadt Arnstadt Ideen und Lösungsansätze für eine barrierefreie und lebendige Mitte in Arnstadt-Ost.
Teilprojekte:
Die Mietergemeinschaft „Gemeinsam statt einsam. Generationenwohnen in Arnstadt-Ost“ wurde für ihr Konzept beim Wettbewerb „Generationendialog in der Praxis – Bürger initiieren Nachhaltigkeit“ 2009 als Leuchtturmprojekt bundesweit ausgezeichnet. Aus über 330 Bewerbungen hat eine unabhängige Jury 40 Preisträger und davon 10 Leuchtturmprojekte ermittelt. Am 27. Mai 2009 nahmen Vertreter der Mietergemeinschaft bei der feierlichen Preisverleihung in Berlin die Auszeichnung entgegen.
Für die intensive Beteiligung der zukünftigen Mieter wurde die WBG Arnstadt mit dem Innovationspreis 2011 vom Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft ausgezeichnet.
Das Preisgeld wurde mit der Mietergemeinschaft geteilt.
Der 2. Platz des Thüringer Zukunftspreises, dotiert mit einem Preisgeld in Höhe von 7.500 Euro, geht an das Projekt „Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost“ des gleichnamigen Vereins. Die Mitglieder des Vereins haben Thüringens erstes bürgerinitiiertes Mehrgenerationenwohnen umgesetzt.