Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost

  • Mietergemeinschaft Arnstadt-Ost 2009
  • Arbeit in der Planungswerkstatt
  • Mietergemeinschaft Sommerfest 2009

Das Wichtigste über uns

Erstes Thüringer Mietwohnprojekt seit November 2009 bezogen

Vier Jahre hat es von der ersten Idee bis zum Einzug gedauert. Mit viel Mut, Ausdauer, Zielstrebigkeit aber auch Risikobereitschaft und Offenheit von Seiten aller Beteiligten konnte der Traum von „Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost“ wahr werden. Zum Jahreswechsel 2009/2010 zogen etwa 90 Menschen in das erste gemeinschaftlich orientierte Mietwohnprojekt dieser Dimension in Thüringen ein. Am 8. Mai 2010 wurde zum ersten mal gemeinsam in den neuen Räumlichkeiten gefeiert und so die großzügige Terrasse und der Garten zünftig eingeweiht.

Grundrissvielfalt und barrierefreier Standard

Durch Umbau und Modernisierung zweier, leer stehender Wohnblöcke aus den 60er-Jahren entstanden mitten in Arnstadt-Ost 48 barrierefreie und 3 behindertengerechte Wohnungen mit Balkon oder Terrasse. Jung und Alt, Singles und Familien wohnen hier selbstbestimmt in guter Nachbarschaft bei gleichzeitiger Wahrung ihrer Selbständigkeit zusammen. Heute (Stand 3/2012) sind es 84 Menschen im Alter von 2 – 92 Jahren. Die Erschließung erfolgt über jeweils einen zentralen Aufzug und Laubengänge, die gleichzeitig zur täglichen Begegnung mit den Nachbarn einladen. Es entstanden 1,5-, 2- und 3-Raum-Wohnungen mit Flächen zwischen 40 und 75 m2 und unterschiedlichen Grundrissen sowie zwei größere Familienwohnungen.

Gemeinschaftsräume

Zudem stehen Gemeinschaftsräume, eine große Terrasse und die Freifläche zwischen den beiden Häusern zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung. In die kleine Gewerbeeinheit ist ein privater Pflegedienstleister mit seinem Stützpunkt eingezogen.
Die Gemeinschaftsräume (115 m²) werden von den Mietern selbst verwaltet und bewirtschaftet. Miete und Betriebskosten dafür werden auf die 51 Haushalte umgelegt (ca. 16,- €/Monat/Mietpartei). In den Räumen können sich die Bewohner treffen, gemeinsamen Hobbys nachgehen oder Familienfeiern veranstalten.

Doch auch die Nachbarschaft wird von gemeinsamen Aktivitäten profitieren, was zur Belebung und Stabilisierung des gesamten Wohngebietes beitragen kann. Die Ideensammlung ist lang und reicht vom Gymnastikkurs über selbst organisierte Diavorträge bis zur Hausaufgabenhilfe.

„Gemeinsam statt einsam in Arnstadt-Ost“ bedeutet für die Mieter:

  • mit anderen Menschen in einer verlässlichen Nachbarschaft gemeinsam aber dennoch selbstbestimmt zu leben
  • ein respektvolles, freundliches Für- und Miteinander von Jung und Alt
  • Teil der Gemeinschaft zu sein, sie mitzugestalten und ein Stück Verantwortung mitzutragen
  • neben einer gesicherten Privatsphäre auch Möglichkeiten des gemeinschaftlichen Miteinanders, der persönlichen Begegnung und der sinnvollen Betätigung zu finden.

Generationswohnen – tragende Idee von Anfang an

Hervorgegangen aus einer privaten Initiative von einer kleinen Gruppe Arnstädter Seniorinnen waren junge Menschen und Familien von Anfang an herzlich willkommen. „Gemeinsam statt einsam“ versteht sich auf keinen Fall als „Seniorenwohnprojekt“ sondern strebt das Zusammenleben in generationenübergreifender Gemeinschaft an.

Auch wenn im Projekt Familien mit Kindern derzeit noch in der Minderheit sind, soll die Idee des Generationen verbindenden Ansatzes in- und außerhalb des Wohnprojektes mit Leben erfüllt werden. Deshalb wurden bereits vor dem Einzug Kooperationen im Wohngebiet angestrebt. So entstanden Kontakte und konkrete Ideen für gemeinsame Aktivitäten u.a. mit dem Gymnasium und der integrativen Kindertagesstätte. Auf diesem Wege können sich zukünftig interessante generationenübergreifende Begegnungen über das Wohnprojekt hinaus, entwickeln.

Mitsprache, Mitgestaltung und stärkere Eigenverantwortung der Mieter

In neun Interessentenwerkstätten, mehreren Wohnprojekt-Stammtischen, einer Exkursion aber auch in Arbeitsgruppen und zahlreichen Gesprächen wurden die Mietinteressenten intensiv in die Sanierungs- und Umbauplanung der Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Arnstadt mbH (Eigentümer und Vermieter) eingebunden.

So wurden Ideen, Wünsche und Vorstellungen gemeinsam entwickelt. Zahlreiche Vorschläge für die Gestaltung der beiden Gebäude und den umgebenden Freiraum flossen direkt in die Planung ein. Neben den Wohnungsgrößen und Grundrissen standen die gemeinschaftlich nutzbaren Flächen im Mittelpunkt der Beteiligung.

Über die Organisation, Verwaltung und Nutzung der Gemeinschaftsflächen kann die Gemeinschaft selbst bestimmen. In einem Kooperationsvertrag mit dem Vermieter Wohnungsbaugesellschaft Arnstadt mbH hat sich die Mietergemeinschaft das Mitspracherecht bei der Auswahl von Nachmietern gesichert.

Dieses Mehr an Beteiligung bedeutet für jeden einzelnen auch, ein Stück Verantwortung zu übernehmen. Für die Mietergemeinschaft von „Gemeinsam statt einsam“ sind das eine ganz neue Erfahrung und Herausforderung zugleich.

Von der Mietergemeinschaft zum Verein – Ziele und Vereinbarungen

Mit Idee und Ziele des Wohnprojektes und dem Statut der Mietergemeinschaft hat die zukünftige Hausgemeinschaft ihre Vorstellungen über das Miteinander im Wohnprojekt schon im September 2008 zu Papier gebracht.

Um die Selbstverwaltung noch besser organisieren und absichern zu können, wurde im Frühjahr 2011 der Verein Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost e.V. gegründet. Der Verein verfolgt gemeinnützige Zwecke und engagiert sich dafür, die Ideen und Ziele des Wohnprojektes mit Leben zu erfüllen und in das Wohngebiet hinein zutragen. Der Verein hat die Aufgabe übernommen, im Auftrag der Mieterschaft die Gemeinschaftsräume zu bewirtschaften und die Mittel der Mietergemeinschaft zu verwalten.

Gemeinschaft leben!

Nach drei Jahren lässt sich mit Fug und Recht sagen: Die Mietergemeinschaft „Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost“ hat den ersten “Praxistest” sehr gut bestanden. Natürlich musste schon die eine oder andere Hürde des Alltags überwunden werden. Über 80 Menschen in 51 Wohnungen unter einen Hut zu bringen, ist fast unmöglich. Aber mit so vielen Menschen kommen auch viele Interessen, Talente und Mentalitäten zusammen. Eine gute Voraussetzung, dass jeder Einzelne im Rahmen seiner persönlichen Möglichkeiten einen kleinen Beitrag zum Gelingen der Gemeinschaft leistet, ist die Voraussetzung für das von allen gewünschte gute Mit- und Füreinander im Zusammenleben.

Anfangs brauchte es auch noch etwas Phantasie und Mut, um die Möglichkeiten, die das Projekt und insbesondere der Gemeinschaftsraum eröffnen, wirklich zu nutzen. Mittlerweile haben sich neben einer intensiven Nutzung des Gemeinschaftsraumes für Familienfeiern, bereits die ersten festen Termine etabliert. Jeden Mittwoch ist Spielenachmittag. Einmal monatlich arbeiten Menschen mit Behinderungen vom Selbstbestimmt Leben e.V. mit Ton. Am ersten Montag im Monat trifft sich der Vereinsvorstand. Seit 2012 sind die Bewohner des Wohnprojektes und alle Nachbarn im Ostviertel in der Reihe NACHBARSCHAFTSCAFÉ einmal monatlich zu Vorträgen, Lesungen, Erzählcafés oder kleinen Ausflügen zu eingeladen. Das Terrassenfest und ein herbstliches Weinfest sind dabei zu jährlichen Traditionen zu werden.

Nachbarschaft im Wohngebiet stärken

Schon 2011 nutzte die Mietergemeinschaft die Projektaktivitäten der Stadt Arnstadt im Rahmen des Sondergutachtens „Barrierefreie Stadtquartiere – Lebendige Mitte Arnstadt-Ost“, um sich im Wohngebiet bekannt zu machen. Dabei wurden sich nicht nur eine Menge guter Ideen entwickelt. Viele neue Kontakte entstanden mit Vertretern der Stadtverwaltung, Gewerbetreibenden, Einrichtungen und Vereinen vor Ort. Man lernte sich kennen, Vertrauen wuchs – eine wichtige Basis für weitere Zusammenarbeit.

In Federführung durch den Verein Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost e.V. soll daran angeknüpft werden. Für 2012 – 2014 haben sich alle viel vorgenommen. Mit unterschiedlichsten Veranstaltungen und Aktivitäten wird die Nachbarschaft weiter gestärkt und eine organisierte Nachbarschaftshilfe Arnstadt aufgebaut.

Daten und Fakten der Projektgeschichte

Ablauf Konzeptions- und Bauphase

2005 Gründung der Initiative
2006 erste Ideen und Öffentlichkeitsarbeit
2007 Beginn der Planung
Januar 2009 Beginn der Umbau- und Sanierungsarbeiten
Nov./Dez. 2009 Fertigstellung und Einzug

Grundstück und Gebäude

Gebäudeart: Altbau, zwei 60-er Jahre Blöcke
Gebäudetyp: Mehrfamilienhäuser
Gesamte Wohnfläche: ca. 3.200m²
Fläche der Gemeinschaftsräume: ca. 115m²
Standard: weitgehend barrierefrei, Erschließung über zentralen Aufzug und Laubengänge

Finanzierung

Investition der WBG Arnstadt mbH
Förderungen:

  • Mittel des Bundes als ExWoSt-Modellvorhaben “Innovationen für alten- und familiengerechte Stadtquartiere” (gemeinschaftlich relevante bauliche Maßnahmen und fachliche und kommunikative Prozessbegleitung/Bewohnerbeteiligung)
  • Wohnungs- und Städtebaufördermittel des Landes Thüringen inkl. Kofinanzierung der Stadt Arnstadt
  • Mittel des Thüringer Ministeriums für Soziales Familie und Gesundheit

Finanzierung der Gemeinschaftsflächen: Umlage auf alle Wohneinheiten.

Projektbeteiligte

Mietergemeinschaft “Gemeinsam statt einsam”

vertreten durch den Verein Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost e.V.
Anprechpartner: Siegfried Kollatz (Vereinsvorsitzender)

Rudolstädter Straße 25, 09310 Arnstadt
Tel.: 03628-43 952

Eigentümer/Vermieter

Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Arnstadt mbH
Vor dem Riedtor 4, 99310 Arnstadt
www.wbg-arnstadt.de
info@wbg.arnstadt.de
Tel: 03628-9305-0

Architektur / Planung

Kommunalbau Thüringen GmbH
www.kommunalbau-thueringen.de

Wohnprojektbegleitung und Beratung

StadtStrategen. Bürogemeinschaft für integrative Stadtentwicklung, Weimar
www.stadtstrategen.de

Unterstützung bei der Projektentwicklung

IG Stadtökologie/Lokale Agenda 21 Arnstadt
WohnStrategen. Regionalstelle Thüringen der Bundesvereinigung Forum gemeinschaftliches Wohnen e.V.+
Stadt Arnstadt, Abt. Stadtplanung
u.a.

Weiterführende Projekte

„Barrierefreie Stadtquartiere. Lebendige Mitte Arnstadt-Ost“

Förderprogramm: Ein Modellvorhaben im Rahmen des ExWoSt-Forschungsfeldes Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere – Barrierefreie Stadtquartiere des BMVBS/BBSR
Projektträger: Stadt Arnstadt, Abt. Stadtplanung
Projektkonzeption und -durchführung: StadtStrategen

Link http://www.stadtstrategen.de/referenzen_02.html
Projektlaufzeit: September 2010 bis Ende März 2011
Unter aktiver Beteiligung der Bewohner, der Wohnungsunternehmen, Dienstleister, Einrichtungen und Vereine entwickelte die Stadt Arnstadt Ideen und Lösungsansätze für eine barrierefreie und lebendige Mitte in Arnstadt-Ost.
Teilprojekte:

  • Wettbewerb „Arnstadt-Ost. gestern-heute-morgen“ (Wettbewerbsjury und Ausstellungsaufbau mit Unterstützung einiger Bewohnerinnen, beste Beiträge in Postkartenserie veröffentlicht)
  • Preisverleihung und Ausstellungseröffnung mit über 100 Menschen in den Gemeinschaftsräumen
  • Infoveranstaltung „Stolperfallen und Barrieren in der Wohnung vermeiden. Gewusst wie!“
  • erstes „Erzählcafé“ mit 50 Gästen zum Thema „Die Aufbaujahre von Arnstadt-Ost“
  • Wohngebietserkundung mit behinderten und nichtbehinderten Menschen von Jung bis Alt
  • Workshop „Barrieren finden und überwinden“ Experten und Laien diskutieren soziale und bauliche Barrieren und Wege zur Lösung
  • große Ausstellung mit Projektergebnissen und Empfehlungen im Rathaus Arnstadt

Auszeichnungen

Mietergemeinschaft Sieger des Wettbewerbs „Generationendialog in der Praxis – Bürger initiieren Nachhaltigkeit“

Die Mietergemeinschaft „Gemeinsam statt einsam. Generationenwohnen in Arnstadt-Ost“ wurde für ihr Konzept beim Wettbewerb „Generationendialog in der Praxis – Bürger initiieren Nachhaltigkeit“ 2009 als Leuchtturmprojekt bundesweit ausgezeichnet. Aus über 330 Bewerbungen hat eine unabhängige Jury 40 Preisträger und davon 10 Leuchtturmprojekte ermittelt. Am 27. Mai 2009 nahmen Vertreter der Mietergemeinschaft bei der feierlichen Preisverleihung in Berlin die Auszeichnung entgegen.

Innovationspreis 2011

Für die intensive Beteiligung der zukünftigen Mieter wurde die WBG Arnstadt mit dem Innovationspreis 2011 vom Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft ausgezeichnet.
Das Preisgeld wurde mit der Mietergemeinschaft geteilt.

Thüringer Zukunftspreis 2012

Der 2. Platz des Thüringer Zukunftspreises, dotiert mit einem Preisgeld in Höhe von 7.500 Euro, geht an das Projekt „Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost“ des gleichnamigen Vereins. Die Mitglieder des Vereins haben Thüringens erstes bürgerinitiiertes Mehrgenerationenwohnen umgesetzt.